Parents’ Day

Einmal im Jahr ist Halli Galli an der SEB School – Parents’ Day nennt sich das Ganze und ist im Grunde ein großes Schulfest, zu dem alle Eltern eingeladen sind. Ich kenne Schulfeste mit Verkaufsständen oder kleinen Ausstellungen von Klassenprojekten, hier handelt es sich im Grunde um ein über den ganzen Tag verteiltes Festprogramm, an dem die Kids seit ein paar Wochen fleißig gearbeitet haben. In den vergangenen vierzehn Tagen ist sogar des Öfteren der Unterricht ausgefallen und stattdessen wurden die Tänze und Lieder einstudiert. Kaum ein Tag verging, an dem die Kids uns volunteers nicht gefragt haben, ob wir ebenfalls zum Parents’ Day  kommen – verständlicherweise, denn im Grunde genommen bilden wir derzeit ja den Elternersatz, und dass ein Kind etwas darbietet und dafür gelobt werden will, ist vermutlich etwas Universales.

Nach dem Frühstück brechen wir alle gemeinsam auf und laufen an die Straße; kurze Zeit später treffen die beiden Schulbusse ein, die uns zur Schule bringen. Der Parents’ Day findet jedes Jahr um diese Zeit statt, musste jedoch im vergangenen Jahr wegen des Erdbebens ausfallen, weshalb auch ich nicht richtig weiß, was genau uns erwartet. Losgehen soll das Programm um 10 Uhr, aber wir sind hier immer noch in Nepal, und ich bezweifle, dass es einen straffen Zeitplan gibt, wie ich ihn aus Deutschland kenne. Tatsächlich ist es auch noch eher leer – auf der Bühne findet ein Soundcheck statt, bei dem ein Techniker in die vier Standmikros auf der Bühne abwechselnd „Hello, check!“ brüllt, und zwar eine Viertelstunde lang. Wir volunteers werden gebeten, uns direkt in die zweite Reihe zu setzen; vor uns auf der Ledercouchgarnitur nimmt Ellen Platz, die heute „chief guest“ ist, ihr folgen der Schulleiter und ein paar weitere Leute, deren Funktion uns nicht bekannt ist, die allerdings auch im Laufe des Vormittags immer mal wieder ausgewechselt werden.

Als das Programm beginnt, ist es immer noch verhältnismäßig leer – erst zum Mittag hin haben sich alle Reihen im Festzelt gefüllt. Die meisten Kinder laufen trotzdem umher, ein paar nehmen bei uns Platz, aber das Programm ist ja auch mehr für die Gäste als für die Kids selbst. Ich beobachte fasziniert einige unserer Mädels, die bereits Festgewänder anhaben und stark geschminkt sind, denn das ist ein Anblick, den ich so gar nicht kenne. Ansonsten ist es aber so, dass alle übrigen Kinder, selbst wenn sie keinen Auftritt haben, stark herausgeputzt sind – da können unsere natürlich nicht mithalten und tragen lediglich ihre Schuluniform. Ich frage mich, ob gerade die Mädchen wohl traurig sind, wenn sie sehen, dass andere pompöse Prinzessinnenkleider tragen und die hüftlangen Haare aufwendig frisiert sind, wohingegen sie selbst ein weißes Hemd und ihre Schulkrawatte tragen und die Haare nur bis zu den Schultern tragen dürfen. Anmerken lässt sich aber niemand etwas.

Was nun folgt, ist leider etwas mühsam – sehr viel (nepalesisches) Gerede zwischendurch, das Set-up für die einzelnen Darbietungen dauert dann meist fünf bis zehn Minuten für drei Minuten Darbietung. Zwischendurch werden auch Preise verteilt – sowohl für schulische Leistungen (bei denen etliche unserer Kids Preise abstauben) als auch für verschiedene Sport- und Spielarten. Die Lieder und Tänze sind natürlich nett, aber klingen für unsere westlich getrimmten Ohren größtenteils gleich. Die Theaterstücke sind auf Nepalesisch. Aber, und darauf kommt es ohnehin letzten Endes an: Die Kids strahlen, wenn sie auf der Bühne stehen. Und sie strahlen noch mehr, wenn man sie anschließend in den Arm nimmt und für ihre Leistung lobt. Mehr Worte möchte ich gar nicht über das Programm verlieren, klickt euch durch die Foto- und Videogalerie und sammelt selbst ein paar Eindrücke.

Übrigens geht der Parents’ Day tatsächlich den kompletten Tag, und zwar ohne wirkliche Pause. Die meisten von uns volunteers brechen nach fünf Stunden auf; unsere verwöhnten Pos können sich kaum an die harten Plastikstühle gewöhnen, und auch wenn es sich bloß um eine Überdachung handelt, sammelt sich die Hitze und wir schwitzen und haben Durst. Die Kids selbst kommen erst gegen halb acht Uhr abends (!) zurück, also nach gut zehn Stunden Aufregung. Sie sind entsprechend geschlaucht und fallen nach dem wohlverdienten Abendessen müde in ihre Betten. Immerhin: Weil der normalerweise schulfreie Tag für den Parents’ Day geopfert wurde, haben sie am kommenden Tag schulfrei, worüber die Freude natürlich groß ist.

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