Veränderungen

Meet Prakriti! Ist die Kleine nicht einfach zuckersüß? Seit ein paar Tagen ist sie bei uns; ein aufgewecktes, fröhliches Mädchen, innerhalb von Sekunden integriert. Dazu beigetragen hat sicherlich, dass zwei der Kinder, die Geschwister Manisha und Manish (die Eltern waren bei der Namensgebung besonders kreativ), über einige Ecken mit ihr verwandt sind. Praktritis Vater ist vor langem abgehauen, sie lebte bislang bei der recht mittellosen Mutter. Obwohl sie echt schlau ist (und auch schon sehr gutes Englisch spricht), wurde sie von der Schule geschmissen – einfach nur, weil die Mutter das nötige Schulgeld für die Abschlussprüfungen nicht aufbringen konnte. Das wirklich Tragische ist leider, dass auch der Bruder der Mutter im Haushalt lebt, ein herrischer, gewalttätiger Mann, der das wehrlose Mädchen schlimm misshandelt hat. Wir hoffen von ganzem Herzen, dass kein Missbrauch stattgefunden hat, aber Prakriti wirkt glücklicherweise nicht traumatisiert und auch im Umgang mit Jungs und Männern nicht zurückhaltend oder verängstigt. Sie wurde nun in die 3. Klasse eingeschult und weiß bereits jetzt schon, dass sie einmal Ärztin werden will – das ist etwas ganz Neues, denn normalerweise wollen ja alle Mädchen Sängerin oder Schauspielerin werden, aber die hier hat schon ganz klare und keineswegs traumtänzerische Ziele vor Augen.

Im März/April endet in Nepal das laufende Schuljahr – was bedeutet, dass es auch ein paar neue Schulabgänger gibt. Sachin, Sanjeev, (big) Sujan, (big) Umesh (hinten von links nach rechts) sowie Praman, Puja und Swastika haben die acht Abschlussprüfungen nun hinter sich und ein unglaublich anstrengendes Schuljahr abgeschlossen. Auf die Ergebnisse müssen sie jedoch noch gute zwei Monate warten. Vor einer Woche sind sie in ihre Heimatdörfer abgereist, wo sie die nächsten vier bis acht Wochen verbringen, ehe sie dann auf die weiterführende Schule kommen. Sanjeev hat als Jahrgangsbester abgeschlossen, Sachin ist Zweitbester. Beide gehören ohne zu den intelligentesten Kids, die ich bislang kennengelernt habe. Ob die Mädels wie vor einem Jahr noch eine Bollywood-Karriere anstreben, weiß ich gar nicht, aber ich nehme an, spätestens im Laufe ihrer Ausbildung wird sich die Ernüchterung dann irgendwann einstellen müssen.

Für die übrigen Kids beginnt die Alltagsroutine. Anders als im Westen ist das Ferienende gar kein so großes Gräuel, sondern viele freuen sich darauf, in die Schule zurückzukehren. Das mag auch daran liegen, dass die Freizeitaktivitäten in den Ferien vergleichsweise doch eingeschränkt sind – mit Ausnahmen wie dem Ausflug in den Fun Park beschränken sie sich auf ein paar Karten- und Brettspiele, Freundschaftsbänder knüpfen, die üblichen Sportturniere, ein paar größere Aktivitäten, die wir Praktikanten geplant haben, sowie eine DVD am Nachmittag, falls es draußen zu heiß ist. Aber so richtig Raum für individuelle Entfaltung gibt es hier einfach nicht (wobei in Deutschland ja auch viele einfach rumgammeln oder vor dem PC und Handy hängen), und des Öfteren haben die Kids, gerade die Größeren, geklagt, ihnen sei langweilig und sie freuen sich auf die Schule. Am ersten Schultag sind alle gestriegelt zum Fotoshooting bereit, das bereits am frühen Morgen stattfindet, denn, erklärt Ellen, bereits beim Dal Bhat werden die ersten weißen Hemden eingesaut.

Auch das neue Haus macht sich langsam – natürlich mit Betonung auf langsam. So etwas läuft in Nepal einfach viel entspannter und unorganisierter ab als im streng durchgeplanten Westen. Die oberste Etage hätte schon vor Wochen freigeräumt werden sollen (hier kommen ja letztlich die Praktikanten unter), ist aber derzeit noch bewohnt. Aufgrund eines Trauerfalls musste der Auszug verschoben werden. Daher haben sich ein paar der Mädels ins Erdgeschoss in ein winziges Zimmerchen gequetscht, das eigentlich nur aus Hochbetten besteht; die anderen pennen hier im Haus. Es heißt nun, dass es in den kommenden Tagen wirklich soweit sein soll – ich bin selbst mal gespannt, ob das der Fall sein wird.

Jetzt nach Schulbeginn haben wir volunteers natürlich ein wenig mehr Zeit tagsüber, wofür wir gar nicht undankbar sind. Es ist schön, Zeit mit den Kindern zu verbringen, aber ich kann nur immer wieder hervorheben, dass 90 Kinder mit Hummeln im Hintern, die einen von früh bis spät einnehmen, auch eine gewisse Anstrengung mit sich bringen. Insofern genießen wir die Ruhe. Wir verabschieden außerdem Kim und Anka, die mit dem Praktikum fertig sind und sich noch eine einmonatige Auszeit auf Bali gönnen, ehe es zurück nach Deutschland geht. Wegen der Ferien hat es also anderthalb Wochen gedauert, bis ich das erste Mal ins Touristenviertel gefahren und das volunteer-Lieblingslokal OR2K aufsuchen konnte – aber der Mushroom Burger hat an Qualität nicht verloren. Und somit ist zwar einiges im Umschwung, aber manches verändert sich auch gar nicht, was ebenfalls in Ordnung ist. :)

Praktikantengruppe, Stand 17.04.2016: Anka, Nessi, Kim, Konni, Bekka, Nina, Mali, Renée, Pia, Ben, Lenny
Praktikantengruppe, Stand 17.04.2016: Anka, Nessi, Kim, Konni, Bekka, Nina, Mali, Renée, Pia, Ben, Lenny

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Kommentare: 1
  • #1

    Cordel (Sonntag, 17 April 2016 19:54)

    Das Gruppenbild von euch ist echt schön geworden! Der Burger ist für Menschen wie mich, die gerade sechs Stunden in einer nach Schweiß riechenden Sporthalle verbracht haben, wie eine Magenfolter